Bad Dürkheim: Auftakt nach Maß in 50-Jahr-Feiern der Stadtkapelle – Goldene Stadtnadel für Jochen Rinck
Von Peter Spengler
Es war Viertel nach zehn, als „Vize“ Thomas Kalbfuß seinem langjährigen Vorsitzenden und Sitznachbarn in der Saxofon-Fraktion der Stadtkapelle eben mal fürsorglich die Stirn abtupfte.Da war der Stuhl von Jochen Rinck an Tisch 7 im Kursaal noch nicht wirklich richtig warm. Seine angestammte Dreifachrolle als Vereinschef, Musiker und Moderator füllte der 51-Jährige auch beim Jubiläumsball zum Auftakt des 50-Jahr-Festivals des Vereins wie gewohnt charmant und gewandt aus. Natürlich hatte er zuvor als Kopf und Motor an der Spitze des Orga-Teams gestanden. „Einer muss ja Kapitän sein, und das war wie immer der Jochen“, würdigte Janina Huhn am Ende (auch sie in Dreifachrolle als Pfälzische Weinkönigin, Querflötistin und Co-Moderatorin). Und da der Käpt’n zusehen muss, dass das Schiff auf Kurs bleibt, war Rinck auch der Regisseur des Abends.Den hatten die beiden Damen von „Inspirit“ in der eingangs beschriebenen Szene gerade ein zweites Mal nervös gemacht. Als sie um neun das erste Mal auftreten sollten, suchte – wer sonst – Rinck sie zunächst vergebens. Beim zweiten Showtanz konnte er sie beim besten Willen nicht übersehen – so er solchen überhaupt gehabt haben sollte: Die fürwahr reizenden Bauchtänzerinnen ließen ihn „orientalisches Flair buchstäblich hautnah erleben“ – es war der Moment, da Thomas Kalbfuß das Taschentuch zückte ...
Zuvor hatte bereits der Bürgermeister für den Stadtkapellen-Chef in die Tasche gegriffen. Um – „die Überraschung des Abends: Das weiß keiner“ – die Goldene Ehrennadel der Stadt zutage zu fördern und Jochen Rinck ans Revers zu heften. „Für mehr als 35 Jahre in verantwortungsvoller Position“, darunter Geschäftsführer (ab 1989) und Vorsitzenden (seit 1993) gab es die höchste Auszeichnung der Stadt. Man spürte in dem langen Applaus im ausverkauften Kurhaus die Wärme, die der Verein seinem ersten Diener und Repräsentanten entgegenbringt.
„50 Jahre und kein bisschen in die Jahre gekommen“, sogar diese Feststellung des Stadtoberhaupts hätte noch auf den Vorsitzenden gepasst. Als einer von zehn Musikern, die gemeinsam vor 40 Jahren in die Jugend der Stadtkapelle eingetreten waren, die der legendäre Siegfried Riedle zehn Jahre nach der eigentlichen Vereinsgründung ins Leben gerufen hatte. „Die 74er“, erinnerte Ehrenmitglied Lutz, bildeten die erste Nachwuchs-Big-Band des Vereins mit 34 Buben zwischen 8 und 14 Jahren.
Heute sind es gut zwei Dutzend Jungmusiker, und die Zahl der „Aktiven“ ist mit etwas über 35 nahezu unverändert. Hinzu kommen 70 Passive oder, wie es heute heißt: Fördermitglieder. Damit ist die Stadtkapelle einer der kleinsten Verein in Bad Dürkheim und mit Sicherheit einer der beliebtesten. Doch leider schlägt sich „die Begeisterung, die wir immer wieder empfinden, wenn die Stadtkapelle auftritt“ (Lutz), kaum in der Mitgliederzahl, die Wertschätzung nicht in der Wertschöpfung von Beitragsgeldern nieder (läppische 25 Euro im Jahr). Dass die Truppe trotzdem seit 40 Jahren immer wieder Großes auf die Beine stellt – das Top-Programm im Jubeljahr ist bestes Beispiel –, ist allein Sponsoren und Spendern zu verdanken.
Im Laufe dieses Jahres will die Stadtkapelle deshalb eifrig für sich Werbung machen. Immerhin waren mehr als doppelt so viele Gäste gekommen, wie der Verein Mitglieder hat. 230 Besucher im Saal und 70 Flanierkarten, die wie erhofft überwiegend junges Publikum ansprachen – ein schöner Auftakt für das Orchester, das nach Lutz’ Worten „professionell wie eh und je“ daherkommt (unter Dirigent Alfred Hann seit knapp zwei Jahren vielleicht sogar noch etwas professioneller).
Natürlich begrüßte die Band (komplett in festlichem Schwarz) ihre Gäste nach dem Spalier der Leininger Schlossgarde als schöne Geste der befreundeten Grawler und einem Gläschen Secco musikalisch. Das Intro mit drei Stücken wurde eingeleitet von Harry James’ Jump Blues, vor langen Jahren von Siegfried Riedle seiner Truppe neu auf den Leib geschrieben, aber immer noch mitreißend. Der Wahlpfälzer vom Bodensee war „ein Glücksfall“, wie der Bürgermeister erinnerte, auch „für die Stadt Bad Dürkheim, denn er hat ihr die Musik geschenkt.“ Von den sechs Gründungsmitgliedern vom 6. Januar 1964 in der früheren Metzgerei Sander gibt es nurmehr Willi Volk, der sich den Ehrentisch der Ehemaligen mit Ernst Anicker, Friedel Stüttchen und Seppl Schmidt teilte.
Überhaupt füllten gefühlt vier Generationen den Kursaal, und für alle hatte nicht nur die Saalband etwas zu bieten, die ihrem Titel „Vario Showband“ alle Ehre machte. Claus Eisenmann, Mitbegründer der „Söhne Mannheims“ und vor gut einem Jahr Stargast beim Martinikonzert in der Salierhalle, lässt sich am liebsten von Helmut Scholz und seiner Gruppe begleiten, „so kam der Kontakt zustande“, verriet Rinck. Denn Eisenmann hatte man trotz starker Belastung nicht zweimal fragen müssen, ob er zum Jubiläumsball kommen wolle. Natürlich war der 46-jährige Sympathieträger mit seiner herausragenden Stimme das i-Tüpfelchen. Seine (noch unveröffentlichte) Version von „Halleluja“ zur Ukulele ging unter die Haut, und wie er den aktuellen Passenger-Hit „Let her go“ covert, gefiel manchem gar besser als das Original.
Für die Gastgeber war’s ein Einstieg nach Maß ins Jubeljahr, bis früh am Morgen entsprechend ausgiebig gefeiert. Sieben weitere Geburtstagsfeste folgen noch, die nächsten am 1. Februar mit „Jazz im Musikkeller“ und am 1. März mit der Après-Ski-Party an der Pestalozzischule. Man darf sich freilich schon auf alle freuen.
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